Titelseite

Kontakte/Links

Aktuelles 

Straß/Jahrestreff

Heimatfahrten

Wallstein     

Lageplan

Gründung

Gemeinde

Menschen

Letzten Bewohner

Karte

Kirche

Schule

Vereine

Bräuche/Feste

Bilder

Kreis Jägerndorf   

Gemeinden

Geschichte     

Sudetenland

Benesch-Dekrete

700 Jahre

Vertreibung/Krieg   

Presse

Gesten

Schicksale

Gefallene

Vertreibungszüge

Literatur/Bilder

Zeitungen

Bücher

Fotos/Postkarten

Erzähl./Dialekt

aus Wallstein

Gedichte

Um den Altvater

Berichte

                     Der Jägerndorfer Elendszug durch Würbenthal im Juni 1945

Die wilden Vertreibungen im Mai und Juni 1945 im Sudetenland wurden von den tschechischen Behörden und wilden Partisanengruppen angeordnet und durchgeführt. Auch unsere nähere Heimat wurde davon nicht verschont. Bürgermeister Emil Zöllner berichtet in seinen Aufzeichnungen über den furchtbaren Elendszug der Jägerndorfer wie folgt: Eines war Würbenthal bisher immer noch erspart geblieben, nämlich die massenweise Vertreibung der Bewohner. Eines Tages kam einer der früheren sozialdemokratischen Gemeindevertreter zu mir und erzählte mir im Vertrauen. daß das frühere Kriegsgefangenenlager in der ehemaligen Jutefabrik zur Aufnahme von 1.000 Menschen bereit gemacht werden soll. Wir waren uns im Augenblick nicht klar darüber, was das für Leute seien, die in derartiger Zahl angerückt kommen sollen. Es wurde uns aber bald in einer Weise Gewißheit, die uns die ganze Rachgier und Bestialität der Tschechen zum Bewußtsein brachte, Mehr als 1.000 Personen, Männer, Frauen und Kinder jeglichen Alters, vom Säugling bis zum müden Greis, kamen in furchtbarer Verfassung in Würbenthal an. Man hatte diese Menschen aus ihren Wohnungen in Jägerndorf getrieben, nur das allernotwendigste mitführend, mit Kinderwagen, kleinen Handwagen oder das Gepäck am Rücken tragend, sollten diese Unglücklichen eine Nacht in dem Lager verbringen. Wer eine Decke hatte, konnte sie als Unterlage auf dem Zementboden verwenden, als einzige Erleichterung. Die Greise und viele Frauen mit ihren Kindern befanden sich in erbarmungswürdigem Zustand. Begleitet wurde dieser Elendszug von Partisanen und Flintenweibern. Mit Peitschen und Stöcken schlugen sie auf die vollkommen erschöpften Menschen ein, so daß viele sich nur noch unter Aufbietung aller Kräfte aufrecht halten konnten. Es hatte sich bald herumgesprochen und es gab viele darunter, die in Würbenthal Verwandte hatten. Diese wollten natürlich helfen und versuchten den Unglücklichen etwas Nahrung zu geben. Es gelang aber nur in wenigen Fällen. denn meist wurden die Leute durch Peitschenhiebe vom Zaun des Grundstücks entfernt, so daß keine Möglichkeit bestand, die Nahrungsmittel in die Hände der Hungernden zu geben. Ungeheure Aufregung bemächtigte sich der Bevölkerung, denn eine Vorahnung sagte uns, daß dies wenig später auch der Einwohnerschaft Würbenthals so ergehen werde. Am nächsten Morgen bewegte sich dieser jammervolle Zug, das traurigste Bild, das unsere Heimat jemals gesehen hat, weiter in Richtung Freiwaldau. Angeblich wurden diese Menschen bis nach Glatz getrieben, um dort über die Grenze "heim ins Reich" gejagt zu werden, nachdem man ihnen noch alles Mitgeführte wegnahm. Wie viele Greise, wie viele Mütter und Kinder auf diesen Märschen zu Grunde gingen. das wird wohl ewig unbekannt bleiben.

Ende des Berichts

Nach den ersten Austreibungen bestimmte das Potsdamer Abkommen vom 2. August 1945 mit Artikel XIII: Die Abschiebung der Deutschen ist in ,,ordnungsgemäßer und humaner Weise" durchzuführen. Die Wirklichkeit aber war das Gegenteil von human. Zahlreiche Menschen wurden ermordet oder starben nach schweren Mißhandlungen.

Helmut Bräuer

Aus Freudenthal Ländchen, Juni 2006