Gemeinde Wallstein

Wallstein ist im äußersten Norden
des Jägerndorfer Schulbezirkes gelegen. Es gehörten zu derselben die
Ortschaften Groß-Wallstein, Klein-Wallstein und Verlorenwasser, die zusammen
auch eine Kirchen- und Schulgemeinde bildeten.
Das durchwegs gebirgige Ortsgebiet
hatte eine Gesamtfläche von 789 ha 96 a und grenzte im Norden an Hennersdorf,
im Norden und Nordosten an Röwersdorf, im Osten an Röwersdorf und Heinzendorf,
im Süden an Heinzendorf und im Westen an Alt- und
Neu-Langwasser. Drei
Bergrücken, zu den Ausläufern des Urlichzuges gehörig, traten von
Norden her in das Ortsgebiet ein; der westliche auf dem Katastralgrunde von
Verlorenwasser gelegen, erreichte in der Heinrichshöhe eine Seehöhe von
793 m und im Scheibelstein 754
m.
Der mittlere Ausläufer, der
sich zwischen Verlorenwasser und Groß-Wallstein hinzog, trat in das Ortsgebiet
in einer Seehöhe von 746 m ein.
Der dritte Ausläufer im Osten von
Wallstein gelegen, stieg im Salerberg noch zu einer Höhe von 696. Der
tiefste Punkt, 476 m Seehöhe, war da zu suchen, wo die vereinigten Bäche von
Wallstein und Verlorenwasser (Wenn man vom obersten Haus von
Verlorenwasser ein Stückchen talabwärts geht, gelangt man bald zu jener
Stelle, wo das Wasser des Dorfbaches bei niedrigem Wasserstand gänzlich
"verloren" geht und ungefähr einen halben Kilometer unterirdisch
fließt, dann erst im Niederdorfe von Verlorenwasser wieder zum Vorschein zu
kommen, daher der Name "Verlorenwasser".)
unter
dem Namen Wallstein Wasser in das Heinzendorfer Gemeindegebiet eintraten. Der
Höhenunterschied auf dem Wallsteiner Ortsgebiet betrug daher 317 m.
Was die Bewässerung
betraf, so kamen hier nur die bereits erwähnten beiden Bäche von Wallstein und
Verlorenwasser in Betracht, die sich im Niederdorfe vereinigten. Hier befand
sich eine Mühle mit Turbinenbetrieb. Von der Mühle weg floß der Bach nach 1,5
km langem Laufe der Goldoppa zu.
Die
Bodenbeschaffenheit
war von keiner besonderen Güte, denn der wenig tiefe, lehmig Sandboden ruhte
entweder auf Urtonschiefer oder auf Grauwackenfelsen und war vorherrschend mit
den Güteklassen 5 und 6 bewertet.
Der mit großem
Fleiße bearbeitete Boden wurde bis zu einem Drittel mit Futterpflanzen
bestellt, da die Rinderzucht verhältnismäßig ein besseres Ergebnis als der
Ackerbau abwarf. Es wurde daher seit den letzten Jahrzehnten die Viehzucht in
verstärktem Maße betrieben, besonders seitdem man die heimische Gebirgsrasse
mit der Kuhländer Rasse mit Erfolg kreuzte.
Viehbestand nach
amtlicher Zählung in den Jahren 1914, 1918 und 1921: Pferde 36,21,28; Rinder
523,472,441; Ziegen 106,118,120; Schweine 195,135,120.
Von den Getreidearten
kamen Hafer, Roggen, Gerste und seit dem ersten Weltkrieg mit Erfolg sogar Weizen
zum Anbau, außerdem wurden noch Kartoffel, das Hauptnahrungsmittel der
Bewohner, angepflanzt. Auch die Gärten brachten geringe Ernten, da der Obstbau
wegen des rauhen Klimas weniger lohnend war und von den gewöhnlichen
Gemüsearten nur soviel angebaut wurde, als der eigene Bedarf es erforderte.
Nach
der Ackerfläche hatte fast
jeder zuviel Vieh. Es wurde
jeder Rand und Weg, alle
"unproduktiven"
Grünflächen abgemäht.
Besonders die Bauernfrauen aus
Kleinwallstein (die Besitze
waren meistens klein, viele
Männer gingen periodisch zur
Herrschaft Holz fällen)
holten fast täglich
zusätzlich in großen Säcken
Gras aus dem Wald und trugen
es auf dem Rücken nach Hause.
Das Gras wurde im Wald
parzellenweise von der
Herrschaft verkauft.
Die gesamte Gemeindefläche
betrug 789,96 ha. Davon entfielen rund 561 ha auf Äcker, 51 ha auf Wiesen, 2 ha
auf Gärten, 15 ha auf Hutweiden, 120 ha auf Wald, 4 a auf den Mühlteich
und 40 ha auf steuerfreie Flächen. Nachdem die Herrschaft von Olbersdorf
75,62 ha besaß, verblieb ein bäuerlicher Besitz von 714,34 ha, der sich auf
Gemeindebesitz mit rd. 24,70 ha und auf Bauerngründe, Gärtler und Häusler
verteilte. Ein größerer Besitz von 120 Joch war die Erbrichterei. Diese wurde
1912 stückweise zum Verkauf gebracht.
Im Jahre 1910 zählte
man in Groß-Wallstein 72 Häuser mit 430 Einwohner, in Klein-Wallstein
15 Häuser mit 92 Einwohner und in Verlorenwasser 38 Häuser mit 195 Einwohner,
zusammen 125 Häuser mit 580 Personen, von denen 293 männlichen und 287
weiblichen Geschlechts waren. 572 waren katholisch und 8 evangelisch. Alle
Bürger waren der Nationalität nach Deutsche.
Die Einwohnerzahl ging
innerhalb 40 Jahren stetig zurück. 1870 hatte Wallstein 895 Einwohner, 1880
(847), 1890 (717), 1900 (657),
1910 (580). Diese Landflucht hing zum großen Teil mit dem
Niedergang der Leinenindustrie, der Bleicherei und des Garnhandels in den 60er
Jahren des neunzehnten Jahrhunderts zusammen. Nach der Volkszählung von 1921 betrug
die Einwohnerzahl 546. 1939
waren nur noch 494 Bewohner im
Ort.
Die
Gebäude in der Gemeinde
waren alle in den
letzten zwanzig Jahren
vor der Vertreibung
generell erneuert, etwa
zwanzig neu gebaut. Die
Dächer durchwegs in
Ordnung, viele mit
Eternit und Schiefer
gedeckt. Nur noch wenige
Schindeldächer waren zu
sehen. Viele hatten auch
einzelne Gebäudeteile
erneuert, fast alle mit
Wasserleitung oder Pumpe
und fürs Vieh gab es
Selbstränken. Die
Stallungen gepflastert
und die Jauche in Gruben
gefasst (Quelle: Rudolf
Heinisch, Mühle GW
Nr.49)
Die öffentlichen
Gemeindeangelegenheiten
wurden von einem 15gliederigen Gemeindeausschusse besorgt, an dessen Spitze ein
Gemeindevorsteher, ein Stellvertreter und drei Gemeinderäte standen. Seit der
Vereinigung der Ortschaften Groß-Wallstein, Klein- Wallstein und Verlorenwasser
in 1850 waren folgende Gemeindevorsteher durch Wahl hervorgegangen: Josef
Freitag 1850-1860, Ferdinand Hampel 1860-1863, Josef Heinisch 1863-1866, Alois
Kunisch 1866-1870, Franz Titze 1870-1872, Franz Titze 1872-1873, Alois Kunisch
1873-1876, Reinhard Titze 1876-1879, Josef Schittenhelm 1879-1882, Eduard
Heinisch 1882-1885, Alois Kunisch 1885-1891, Johann Titze 1891-1897, Josef
Heinisch 1897-1900, Johann Titze 1900-1903, Josef Heinisch 1903-1916, Alois
Appel 1916-1925, Alois Schittenhelm
1925-1926, Alois Appel 1926-1928, Josef Hofmann 1928-1938, Reinhard Schittenhelm
1938-1945
Wallstein war ein
Postbestellort des Postamtes Heinzendorf, mit dem auch eine Telegraphen- und
Telefonstelle verbunden war. Die nächstgelegene, 6 km entfernte Eisenbahnstation war Olbersdorf. Der Verkehr Wallstein mit den Nachbarorten
wurde nur durch Verbindungswege hergestellt. Ein solcher zweigte von der
Olbersdorf-Hermannstädter Bezirksstraße in Heinzendorf nach Groß-Wallstein
ab. Im Niederdorfe, bei der zu Nr. 46 gehörigen Kapelle, teilte sich der Weg
so, dass der Hauptzweig des Dorfweges durch Groß-Wallstein und Klein-Wallstein
und in seiner weiteren Verlängerung über Kuhberg einerseits nach
Johannesthal,
anderseits nach Hennersdorf führte. Der andere Dorfweg führte von der
erwähnten Kapelle durch den sogenannten Winkel nach
Verlorenwasser, wo er sich
dann als Wald- und Verbindungsweg in westlicher Richtung nach Ober-Hermannstadt und in nordwestlicher Richtung nach Petersdorf weiter fortsetzte.
Außerdem führten noch Verbindungswege vom Winkel nach Langwasser und von
Klein-Wallstein über Erdmannsgrund nach Damasko und Röwersdorf.