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Gaststätten in Wallstein 

Teil 1

Wallstein mit seinen knapp 500 Einwohnern hatte 6 Gaststätten. In GroßWallstein: die Gerber-Schenke Nr. 48, beim Ströher Nr. 72 und bei Hofmann Tones Nr. 40. In KleinWallstein: Steiner Johann Nr. 11. In Verlorenwasser: bei Poppe Moritz Nr. 33 und die Heinrichshöhe. In der unmittelbaren Nachbarschaft in Kuhberg, das zu Hennersdorf gehört, die Gaststätte Gesierich.

Gleich am Ortseingang von Heinzendorf kommend stand rechter Hand gegenüber der Heinisch-Mühle die bekannte Gerber-Schenke. Schon um 1900 war diese Einkehr unter dem Namen Schmidts Gasthaus und Belustigungsgarten bekannt. Eine Postkartenansicht von 1907 ist unter www.wallstein-sudetenland.de/gerbers.htm zu bewundern und vermittelt dem Betrachter, dass damals bereits Karussell, Schaukel, Schieß- und Kegelbahn für Unterhaltung bei Jung und Alt sorgten. Später wurde das von dem Pächter Franz Schmied, Teschler Franz genannt, weitergeführt. Zum Erntefest ließ er stets einen Luftballon aufsteigen, den er aus Papier herstellte und meist höchst interessant bemalte. Mittels eines in Spiritus getauchten Schwammes, der angezündet wurde, ließ er ihn in die Höhe entschweben. Sein Garten mit seinen vielen Belustigungen nannte man einen kleinen Wiener Prater, den er immer weiter ausbaute. In seiner Werkstatt bastelte er mit großem Eifer immer etwas Neues. Ob es ein nickender Esel war, arbeitende Handwerker im Schaukasten, die sich beim Betätigen der Kurbel bewegten oder Mann und Frau in Lebensgröße die mit einem Seilzug mit dem Kopf nickten und ein Butterfass betätigten, immer hatte er neue Ideen. Die Erwachsenen besuchten gern die Tanz- oder Theaterabende im angrenzenden Saal. Nicht selten blieben Schulausflügler, die auf die Heinrichshöhe wollten, beim Teschler Franz, da er viele Belustigungen für Kinder hatte, hängen.

Der Name der Gerberschänke stammt noch aus der Zeit als neben dem Gastgewerbe eine Gerberei und eine Bleicherei betrieben wurden. Man hörte im gerne zu, besondere dann, wenn  er  von seinen „Luderstecklan“ erzählte.  Bis zu seinem Tod blieb er ein Spaßvogel. Als er starb kamen die Menschen aus großen Entfernungen herbei, um ihm die letzte Ehre zu erweisen.

Nach ihm folgte auch der Gastwirt Heinze, der vermutlich in den dreißiger Jahren eine Gaststätte in Olbersdorf am Marktplatz pachtete.

Pfarrer Weidlich schreibt in der Pfarrchronik von GroßWallstein, dass 1938 neben dem „Hampel-Tischler“ auch die Gerber-Schenke einen Volksempfänger besaß und somit für den „Anschluss an die Weltereignisse“ sorgte.

 

Teil 2 

In der Gerber-Schenke beim „Teschler-Franz“ verkehrten manch treue Stammgäste und es trugen sich immer wieder wundersame Geschichten zu.  Eine wird über den  Hanke Wagner aus Heinzendorf erzählt. Er saß an einem Peter und Paulfeiertag in Wallstein in der Gerber-Schenke. Beim Blick aus dem Fenster sah er dunkle Wolken aufziehen und ein schweres Gewitter drohte. Schnell packte er sich zusammen und wollte den Heimweg antreten. „Hanke bleib do bis doas Water wieder verbei ies“ redete Teschler-Franz auf ihn ein. „Nää, doas mach iech schoand, iech bien vor dam Water drhaeima“ und schon war er draußen und marschierte schnellen Schrittes von Wallstein auf Heinzendorf zu. Das Unwetter kam immer näher und der Himmel verdunkelte sich so stark, dass man meinen konnte die Nacht sei hereingebrochen. Kurz vor dem Ölberg (ein Nachbau aus der Bibel), nicht mehr weit bis Heinzendorf, der erste Regen prasselte schon hernieder, wurde er von einem gleißenden Blitz und einem lauten Knall, der das ganze Tal zum Beben brachte, erschreckt. Schon zuckte der nächste mit seiner Leuchtkraft hernieder, als Hanke, wie von diesem getroffen, erstarrte. Er traute seinen Augen nicht. Da stand doch tatsächlich ein Sarg auf der Straße, dessen Deckel sich bewegte. Die gespenstisch anmutende Szenerie ließ Hanke den eiskalten Schauer über den Rücken laufen und rief aus: „Jesses Maria und Muttergottes stiermr bei, woas is denn doas, bien iech denn ei d Hälle (Hölle) geroaten?“ Er drehte auf dem Absatz um und rannte was er konnte, begleitet von Blitz und Donner, zurück zur Gerber-Schenke und vernahm noch den Ruf aus dem Sarg: „Haaalt, haaalt, wo rennsde denn hien, bleib doach doo?“ Keuchend, schweißgebadet und völlig durchnässt erreichte er die Gerber-Schenke und stürzte sich in die Gaststube. „Um Gotteswelln, Hanke woas hoaste denn?“ rief Teschler-Franz. Nach Luft ringend, stammelte er: „Dar Soarch (Sarg), ….. dar Soarch!  Zittern hob er die Hand, zeigte nach draußen und wiederholte; „Dar Soarch“!  „Ja woas fier an Soarch?“ fragte Teschler-Franz verwundert. Wieder etwas zu Atem gekommen aber noch mit erstarrten, kreidebleichen Gesicht führte er aus: „Stell dr vier, beim Ölbarg stund metten of dar Stroaße a Soarch und dar Deckel hoat sich ghobn und geblitzt und geduenert hoats, doas ich dochte, de Welt gieht onder. Do wird wohl dr Teifel drenne gesassn sein und noochgeruft hoat a mir a nooch.“ Teschler-Franz fragte, was er denn gerufen hätte? „Stell dr vier, iech sollte dobleibn!“

Der Regen ließ nach und die ersten Sonnenstrahlen spitzten zwischen den Wolken hervor. Da sahen die beiden durch das Fenster wie  der Schmidt Tischler, ebenfalls aus Heinzendorf, des Weges kam und auf einer Schubkarre (Kastlaroaper) einen Sarg transportierte. Beide stürzten nach draußen, um die Sache mit dem Sarg zu klären. Dabei stellte sich schnell heraus, dass der Schmidt Tischler, als es zu regnen begann, den Sarg auf die Straße stellte und hineinkroch, um sich vor der Nässe zu schützen. Auf diesen Schrecken musste der Hanke Wagner noch einen trinken und der Schmidt Tischler begleitete ihn. Sie zechten die ganze Nacht. Am nächsten Morgen wurden beide, so die Überlieferung, mit der „Kastlaroaper“ nach Heinzendorf gefahren.

Teil 3

Mitten in Groß-Wallstein, bei der Kirche und Schule stand das Gasthaus von Ströher Franz Nr. 72, der neben seiner Tätigkeit als Gastwirt auch noch Eisenbahner war. 1936 entschloss er sich seine Gaststätte mit einem Saal einschließlich Theaterbühne zu erweitern. Zu Pfingsten fand die Einweihung mit der Petersdorfer Musikkapelle im überfüllten neuen Gasthaussaal, der sich im ersten Stock befand, statt. Gleich am darauf folgenden Sonntag hielten die Heinzendorfer Turner ein Werbeturnen im Saal ab. Dies veranlasste die Wallsteiner einen deutschen Turnverein zu gründen, der am 25.5.1936 seine amtliche Zulassung erhielt. Jeden Samstagabend wurde nun der Leibesertüchtigung gefrönt. Faschingsbälle, Tanzveranstaltungen, Theaterabende und Kinderfeste fanden dort reges Interesse.

Übrigens im gleichen Jahren 1936 erbaute der Fachlehrer und Heimatdichter Erwin Ott eine kleine Ferienvilla in Wallstein im Garten des Gemeindevorstehers Josef Hoffmann – die heute noch gut erhalten steht -  und machte Sie zu seinem  geliebten Landhaus, wie er in seinem Buch „Die Gefesselten“ schreibt. Sein Haus in Wallstein bezeichnete er häufig auch als sein „Paradies“

Im August 1937 wurde der Ströher-Saal 3 Wochen lang von einer tschechischen Militärabteilung mit 12 Mann unter dem Kommando eines deutschen Zugführers genutzt. Sie bauten unter Leitung von Offizieren, die jeden Tag auf Pferden von Olbersdorf geritten kamen, 2 Aussichtstürme. Den einen auf der Grenzscheide zwischen Verlorenwasser und Langwasser auf dem Scheibelstein, den zweiten in Klein-Wallstein auf freiem Felde. Herrn Hochwürden Pfarrer Richter missfiel dabei, dass die Soldaten nicht den Gottesdienst besuchten, sich dafür mehr um die hiesigen Mädchen kümmerten, die von der Mädchenturnstunde kamen. Ob diese Türme nach dem Einmarsch der Nazis 1938 wieder abgetragen wurden oder bis zu Vertreibung 1946 noch standen, konnte ich bisher nicht in Erfahrung bringen. Vielleicht weiß ein Leser hier genaueres.

 

Die Gaststätte von Hofmann Anton (Tones) Nr. 40, neu gebaut,  stand oberhalb der Kirche und galt in den besseren Kreisen als lohnenswertes Ziel ob seines guten und gepflegten südmährer Weines und den berühmten Backhändel. Die Gäste kamen von nah und fern, um ein paar schöne Stunden zu verbringen. So fanden sich immer wieder Besucher ein, wie der Bezirkshauptmann aus Jägerndorf Dr. Rudolf v. Bastl, der Landrat aus Leobschütz Dr. Klausa, Fabrikant Aurich, Uhrmacher Sperl sowie Dr. med. Broßmann alle aus Jägerndorf, Gutsbesitzer Karl Wenelides aus Geppersdorf, Pfarrer Novak aus Heinzendorf und andere. Auch den Olbersdorf Jagdclub zog es zweimal im Jahr zu Tonesn. Er war eine echte Wallsteiner Type, groß und schlank wie eine Bohnenstange. Sein besonderes Markenzeichen war seine rote Nase, die wie eine Glühbirne leuchtete. Auf die Frage, wo sein farbenfrohes Riechorgan herstamme pflegte er zu sagen: „Ich woasch mich eim Wenter immer ei dr Boache (im Bach) die bei mir voarm Hause verbei left und doo hoa ich mir an dr Noase a Onderkiehlung (Unterkühlung) zugezogn.“ Neben dem vorzüglichen Essen und Trinken wurde viel Musik gemacht -Tones spielt gekonnt auf seinem Akkordeon – und das sorgte für hervorragende Stimmung und gute Laune. Für den optischen Glanz waren seine Töchter Paula und Anna zuständig, die als Bedienung gerne gesehen waren. Unter www.wallstein-sudetenland.de/hoffm-.htm sind Hofmann Anton und seine Gäste zu sehen.

 

 

Teil 4  

In Klein-Wallstein, bei Steiner Johann Nr. 11, hatten die höchst gelegenen Wallsteiner mit ca. 60 Bewohnern ihre Schenke die nur am Wochenende, wenn die Spaziergänger eine Stärkung suchten, fremde Gesichter sah. Ansonsten ging es für die Klein-Wallsteiner beim Steiner sehr familiär zu. 

Ähnlich verlief es in Kuhberg bei Johann Gesirich, das nur wenige hundert Meter von Klein-Wallstein entfernt war. Kuhberg gehörte zwar zur Gemeinde Hennersdorf hatte aber enge Bindungen nach Wallstein. Sie besuchten dort die Schule sowie die Kirche und waren ins Vereinsleben eingebunden. Viele Wanderer und Stammgäste zog es Sonntag für Sonntag in die 1808 gegründete Hennersdorfer „Außenstelle“. Vom höchsten Punkt reichte der herrliche Blick weit ins Land. Die Jugend konnte sich bei Gesirich mit Tischbillard vergnügen oder zu den Klängen des Musikautomats auch „Werkel“ genannt das Tanzbein schwingen. Die älteren Herrschaften genossen u.a. Bier, Korn oder Kaffee. Ein besonderes Erlebnis war der Anmarsch im Winter, wenn die Bäume mit weißem Flaum überzuckert waren und der Schnee leise rieselte – wie in einem Wintermärchen. Unter www.wallstein-sudetenland.de/kuhberg.htm ist die Gaststätte zu sehen. 

Die Verlorenwassener, ein Ortsteil von Wallstein, hatten  Ihren Treffpunkt bei Poppe Moritz Nr. 33. In dem neu gebauten Saal wurden gerne Hochzeiten mit Tanzmusik gefeiert. Die Männer suchten beim Tarockieren ihr Vergnügen und der Rockengang fand dort seinen Jahresabschluss. 

Abschließend noch eine kleine Geschichte aus dem früheren Leben gegriffen. 

Wenn zum Tanz aufgespielt wurde, fand das große Begeisterung. So trug es sich auch in Wallstein zu. Anlässlich eines Festes war der Tanzboden in einer Gaststätte brechend voll und alle bei bester Stimmung. Nur Karl saß betrüglich in der Ecke. „Kolla (Karl) du setzt doo, wie wenn dr d’ Hinner (Hühner) s’ Bruet (Brot)  weggfrassn hättn“ sprach Willi ihn an. „Sisde (siehst du) denn nie, wie diech d’ Miezi (Marie) immer oansitt, pack diech zoamm und tanz metra (mit ihr). Ond doas sä (sag) iech dr a noch,  heit Oberd (Abend) brengste d’ Miezi haeim“. Einige Tänze wagte er, ohne große Unterhaltung. Als dann der Abend zu Ende ging traute er sich nicht die Marie anzusprechen, was sie ihm aber spontan abnahm. „Du Kolla, draußn is kohlrabenschwoarz, breng miech doach a Steckla haeim.“ Ehe er sich versah hatte sich die Marie eingehackt und schleppte den Karl in die Nacht. Viel reden musste er nicht, das übernahm seine Begleiterin. Sie wollte von ihm vieles wissen und fragte ihn auch: „Du Kolla hoast du schuond amol a Madla gane gehoat?“ Er antwortete mit einem breiten, langgezogenen, ehrlichen und stolzen: „Nääääää“.  Nun war für einige Zeit Funkstille. Der Heimweg führte sie auch ein kleines Stück durch den Wald. Dies war der Marie nun doch etwas unheimlich. Sie drückte sich eng an den Karl, um ihn zu fragen: „ Gell Kolla, du hälst mich etze ganz fest, doss mir nischt poassiert?“ Dabei hat sie ihm einen Schmatz auf die Backe gedrückt. Dieses Näherkommen entwickelte bei ihr ein glückseliges Gefühl und sie rief dabei mit ausgebreiteten Armen: „Kolla etze koanste vommer oalles hoan woas d wellst!“ Nun wurde der naive Karl hellwach und fragte, für ihn ungewöhnlich, umgehend zurück: „Wirklich?“. Als sie dann ein lang gedehntes „Jaaaaa“ dahin schmachtete, nahm er sich ein Herz und fragte sie zögerlich: „ Du koanste mir  moanne (morgen) deine Foaradlaterne (Fahrradlaterne) boargen (leihen)?“

Da bleibt nur noch anzumerken: „Woas war doas fier a Trottl!“

 

Teil 5

Die Heinrichshöhe war weit über die Grenzen von Verlorenwasser und Wallstein hinaus bekannt und bei Wanderern und Sommerfrischlern aus Nah und Fern sehr beliebt.

Sie lag oberhalb von Verlorenwasser, Gemeinde Wallstein auf dem 793m hohen Bergrücken und wurde am 29.6.1902 vom Mährisch Schlesischen Sudetengebirgsverein (MSSGV) als Touristen-Schutzhaus mit Restauration eingeweiht. Lehrer Josef Alscher, der von 1878 bis 1918 in Langwasser seine Lehrertätigkeit ausübte, war Initiator für die Gründung der „Schutzhütte Heinrichshöhe“. Benannt wurde das Gebäude nach Heinrich von Keil. Erster Wirt war Adolf Weber aus Verlorenwasser.  

Sie entpuppte sich sofort als Ausflugsmagnet. Gleich in den ersten 4 Jahren besuchten 10.000 Personen (Zeitschrift Altvater 1.2.1906) die Heinrichshöhe. Von dort bot sich ein herrlicher Ausblick in alle Richtungen. Ob Altvater, Burgberg Kirche in Jägerndorf, Beskiden oder die preußische Ebene, alles lag dem Besucher vor seinem Auge. Schulklassen freuten sich, wenn der Ausflug auf den höchsten Punkt von Verlorenwasser angesagt war. Auf der angrenzenden Wiese konnten sich die Kinder austoben. Auch der Schüler Erwin Ott, später Lehrer und bekannter Heimatdichter, war mit seiner Schulklasse dort. Er schrieb in seinen Aufzeichnungen „Aus meinem Leben“: „So kam ich als Junge zum erstenmal in die Bergheimat,“ (Anmerkung: gemeint ist Wallstein) „in der ich zwei Jahrzehnte später ein steter Gast werden sollte, um mir, wieder wenige Jahre später, in ihr ein Landheim zu bauen und ein glücklicher Mensch zu werden.“ Adolf Weber wurde Otts erster und bester Freund in der Bergheimat. Nach Webers Tod folgte Karl Hertenberger aus Verlorenwasser als Wirt des Schutzhauses der zusammen mit seiner Tochter Dolfi die Gäste bestens versorgte.

Als letzter von insgesamt drei Gastwirten folgte vermutlich Anfang der 30iger Jahre Karl Schittenhelm aus Heinzendorf mit seiner tschechischen Frau Alosia. Sein Vater war Uniformschneider und er erlernte auch das Schneiderhandwerk. Geradezu gerühmt wurden die Kochkünste der stets freundlichen und allseits beliebten Alosia Schittenhelm. Ein besonderer Genuss waren ihre Brathändel oder das Rehpeischl. Trotz einfachster Verhältnisse - es gab keinen Strom, keinen Kühlschrank, kein fließendes Wasser - versorgte sie auch größere Gesellschaften. Der Saal faste ca. 60 – 70 Personen. Apropos Wasser: Erst kurz vor dem 2. Weltkrieg wurde auf der Heinrichshöhe ein Brunnen gegraben. Vorher gelangte das kostbare Nass auf dem Rücken mit einer Butte zur Gaststätte. Für den Träger gab es 50 Heller. Kinder erhielt für ihre kleinere Butte ein „Kracherla (Sprudel)“. Ob Ausflugsgesellschaften, Wandervereine, Jagdclub oder Tanz. Es war immer etwas los beim Koppenwirt, wie der jeweilige Pächter auch genannt wurde. Viele der Gäste kamen mit dem Zug bis Olbersdorf und traten dann den Fußmarsch von ca. 7 km bis nach Verlorenwasser an. Die etwas betuchteren ließen sich von den Wallsteiner Bauern mit einer Kalesche abholen. Später bestand eine Busverbindung bis Heinzendorf.

Das Ehepaar Schittenhelm bewirtschafteten das Gasthaus von Mitte April bis zum ersten Schnee. In der übrigen Zeit wohnten sie vermutlich in Verlorenwasser in der Heinischei Nr. 4. Er verdiente sich mit Schneiderarbeiten ein Zubrot und sie half mit ihren Kochkünsten bei den Bauern, insbesondere wenn Feste angesagt waren, aus.

1941/42, als der schreckliche Krieg das gesellschaftliche Leben lähmte, war es zu Ende mit der geliebten Heinrichshöhe. Karl Schittenhelm übernahm die Bahnhofsgaststätte in Hennersdorf, da der dortige Wirt einrückte. Nach Kriegsende musste auch Herr Schittenhelm Repressalien über sich ergehen lassen, obwohl seine Frau Tschechin war. Diese Erlebnisse veranlassten sie, sich auch der Vertreibung „anzuschließen“. In Pocking/Bayern sind sie begraben.

 

Heute erinnert neben den Resten der Grundmauern noch der etwas renovierte Gedenkstein mit der jetzigen Inschrift: „Heinrichsruhe“ für „Heinrichshöhe“ an die alten Zeiten. Der Wald hat zwischenzeitlich alles in Besitz genommen und die ehemalige herrliche Aussicht ist versperrt. Dem Besucher bleiben nur die Erinnerungen an seine Kindheit und die unendliche Trauer über das unmenschliche Schicksal der Vertreibung aus seiner Heimat.

 

PAF

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